Vorm
Beginn
Wer einen zerrissenen, unvollständigen und abgeschabten Karton wiederherstellen
möchte, sollte sich vorher im Klaren darüber sein, was er erreichen
möchte. Soll alles nagelneu wie einst auf dem Ladentisch aussehen,
soll der Karton nur wieder vollständig aussehen die abgeschabten
Stellen aber erhalten bleiben oder soll irgendeine Stufe dazwischen erreicht
werden? Davon hängt letzendlich ab, welches Material man benötigt
und wo man anfangen sollte, wobei ich hier NUR über die Verwendung
von Originalmaterial rede.
Wenn das Resultat
besonders 'edel' sein soll, sollte man vielleicht mit dem ersten Karton
noch etwas warten und zuerst nach weiteren (Leer-)Kartons Ausschau halten,
die man 'ausschlachten' kann.
Ich habe es mir im Laufe der Zeit abgewöhnt, alles ganz 'unbespielt'
erscheinen lassen zu wollen. Gerade im Märklin-Baukasten kann man
ruhig sehen, wo die runden Platten gelegen haben, und wie es unter den
Räderstreifen aussieht, ist mir mittlerweile auch egal. Auf jeden
Fall sollte der Karton zum 'Bespieltheitsgrad' der eigentlichen Teile
passen.
Woher kommt das Material?
Einen nicht zu sehr verschlissenen Karton kann man ohne zusätzliches
Material wieder herrichten, indem man bis dato 'nicht verwendetes Papier'
benutzt. Das ist auch das eigentliche Prinzip: Material braucht man nur
dort, wo man es sieht! Alle anderen Flächen bleiben unbeklebt.
Für die schwarze 'Krokodilleder-Kaschierung' gibt es dazu bei Kästen
nach ca. 1919 (rotes Innenleben) nur ein größeres Reservoir:
den Bereich unter dem Deckelbild. Bei den früheren Meccano-Märklin
und Meccano-Kästen gibts leider nicht mal das: Auf den Deckel sind
unter dem Bild ringsherum nur vier schmale Streifen geklebt. Dieses Papier
der ganz frühen Kästen hat übrigens auch eine Völlig
andere Struktur als das spätere Kroko-Papier.
Kleinere Stücke kann man entlang des inneren Kastenrandes hinter
den eingeklebten Einsätzen gewinnen. Bei anderen Kartons als den
Märklinkartons sollte man genau hinschauen, ob das Deckelbild unterklebt
ist. Wenn man damit gerechnet hat, und es fehlt plötzlich, kommt
man in der Regel in arge Papiernot.
Bei der roten/grünen Kaschierung gibt es viele Stellen zur 'Papiergewinnung',
wenn auch die meisten nicht besonders ergiebig sind. Die größten
Stücken befinden sich natürgemäß unter den eingeklebten
Einsätzen. Dann gibt es aber auch noch viele Stellen, wo Einsätze
dicht an dicht nebeneinander oder am Kastenrand stehen und folglich unberührtes
Papier dahinter bzw. dazwischen ist.
Wenn Kartonteile fehlen, was oft bei den Deckelrändern der Fall
ist, braucht man logischerweise anderes Material. Ob man dazu nur gleiches
Material aus der gleichen Zeit oder 'Fremdmaterial' von heute verwendet,
muss jeder mit sich selbst ausmachen. Ich habe mittlerweile genügend
originale Reste, weiß aber letztendlich auch nicht, ob der Karton
von 1927 oder 1937 war. Wenn der Karton sichtbar bleibt, wie bei den kleinen
Kleinteileschachteln, sollte man unbedingt Originalmaterial verwenden.
Oft fehlen auch kleinere 'Accesoires': die runden Kastennummern-Aufkleber
auf dem Deckelbild oder den Kleinteile-Schächtelchen. Je nach Wiederherstellungsphilosophie
heißt es dann: Vorhandene oder geborgte Kopieren (lassen) oder auf
eine Gelegenheit warten (ich habe z.B. einige in meiner Tauschbörse
zum Tauschangebot). Man kann auch erst einmal eine Kopie aufkleben und
sie später, wenn man ein Original bekommen hat, einfach wieder ablösen,
ohne großen Schaden anzurichten.
Da die Original-Drahtklammern selten wieder verwendet werden können,
muss man entsprechenden Ersatz parat haben. Ich verwende die Heftklammern
24/6 für den 'Klammeraffen'.
Schritt
1: Wasser marsch!
Das hier gezeigte Verfahren ist für Kartons geeignet, die mit wasserlöslichem
Klebern geklebt und mit Papieren beklebt sind, die mit wasserunlöslichen
bzw. wenig wasserlöslichen Farben bedruckt sind. Das ist für
die schwarz-grünen Meccano-(Märklin)- und die schwarz-roten
Märklin-Kasten der Fall. Auch für die meisten anderen Kartons,
die vor dem 2. Weltkrieg hergestellt wurden, trifft das zu. Bei Kästen
aus der unmittelbaren Nachkriegszeit halten manchmal die Farben nicht.
Noch unangenehmer ist es, wenn sich die Kaschierung nicht oder gar nur
stellenweise lösen läßt. Bei den grün-gelben Märklin-Nachkriegskästen
ist meist die gelbe Kaschierung durch den Herstellungsprozess fest mit
der Pappe verbunden und kann nicht oder nur nach stundenlangem Einweichen
gelöst werden..
Man sollte also an einer unauffälligen Stelle immer zuerst einmal
prüfen, ob der eingesetzte Kleber wasserlöslich ist.
Bevor der gesamte Karton in lauwarmes Wasser kommt, kann man bei Kartonecken,
die auf der Kaschierung geklammert sind, die Klammern entfernen
(trifft z. B. den den Kleinteileschachteln zu). Dazu kann man die Klammern
von innen aufbiegen oder die Stäbe an den Ecken mit einem Seitenschneider
zerschneiden. Auch die 3 oder 4 Blechecken im Deckel, mit denen bis etwa
1926 das Anleitungsbuch gehalten wurde, sollten vor dem Bad entfernt werden.
Dazu fasst man das hochgebogene Blech mit einer Rundzange und dreht das
Blech ein, so dass die erste der 3 Krallen herausspringt. Die restlichen
zwei lassen sich dann leicht herausziehen. Die in den Löchern befindlichen
Pappausstanzungen nebst Kaschierpapier müssen aufgehoben und später
wieder eingestzt werden!
Bevor nun der Karton in seine Einzelteile zerlegt wird, sollte man sich
eine Skizze mit der Lage der Einsätze oder ein Foto machen, um beim
späteren Wiedereinbau allzu langes Puzzlen zu vermeiden.
Dann heißt es: Wasser marsch! Der gesamte Karton wird in einem Waschbecken
oder in der Badewanne unter (lauwarmes) Wasser gesetzt. Bei den rot/schwarzen
Märklinkartons färbt sich das Wasser schnell schwarz-rot, ein
kleiner Farbverlust, den man in Kauf nehmen muss.

Bild 1.1 |
Märklin-Kartons
sind mit 2 verschiedenen Leimsorten geklebt: einem leichtlöslichen
dünnen Klebstoff (wahrscheinlich Zellulosebasis), der sich mit
braunem Farbton löst, für die Kaschierung und einen dickeren
braunen oder auch farblosen Leim, der sich schwerer löst und
mit dem die Einsätze eingeklebt sind. Manchmal gelingt es nicht,
die Einsätze von der Bodenkaschierung zu lösen ohne das
Papier oder aber Teile der Farbschicht mit abzureißen. Man sollte
solche Teile lieber etwas länger weichen lassen, was nun aber
wieder die Reißfestigkeit des Papiers verringert. Deshalb sollte
man nicht allzu viel Hoffnung daran setzen, die Innenkaschierung eines
größren Kastens unbeschädigt herauslösen zu können.
Eher ist mit einem Ergebnis wie in Bild 1.2. zu rechnen.
Von den Böden der Einsätze schabt man das Gröbste der
Leimreste ab, beim Kaschierpapier muss man hier sorgfältiger
vorgehen, wenn man es weiter verwenden will. |
Es wird unter Wasser vorsichtig mit einem nicht zu scharfen Gegenstand
entfernt. Zwischendurch immer mal wieder mit den Fingern leicht reiben.
Gelegentlich ist die Kaschierung einzelner Teile mit der 'festeren'
Leimsorte angeklebt worden. Solches Papier wiederverwenbar abzulösen,
ist schwierig und braucht lange Weichzeiten. Bei mehr als 1 bis 2
Einbauten pro Kasten ist mir das aber noch nie passiert.
Nachdem sich sich die Kaschierung gelöst hat, legt man sie 30
min. zum Trocknen auf Zeitungspapier, danach nochmals auf eine neue
Lage, um Ankleben durch Leimreste zu verhindern.
Bei den großen Kästen über Nr. 4 sind die Ränder
der Unterteile durch ein zusätzlich angeklebte Lage Pappe verstärkt.
Diese Lage muss ebenfalls abgeweicht werden, ggf. kann man mit einem
Messer etwas nachhelfen.
Jetzt muss noch die Innenkaschierung der Pappeinsätze gelöst
werden, die i.d.R. noch durch die Heftklammern in den Ecken festgehalten
wird. Die Klammern lassen sich allerdings kaum öffnen, ohne das
Papier zu beschädigen.
|

Bild 1.2 |
Deshalb schiebt
man besser ein Messer unter das gelöste Kaschierpapier und trennt es
direkt an der Klammer. Der Bereich muss dann später überklebt
werden - original ist er das sowieso. Wenn man die Klammern nicht wiederverwenden
will, sollte man sie vorher an den Ecken mit dem Seitenschneider durchtrennen.
Bei guten Pappqualitäten kann man die Klammern auch herausbekommen,
ohne die Pappe allzu sehr zu beschädigen. Auf der sicheren Seite ist
man aber, wenn man die durchschnittenen Klammern in der Pappe belässt
und erst nach dem Trocknen entfernt.
Die Pappen der frühen Kästen wie des hier gezeigten sind sehr
anfällig gegen Abreißen an den geritzten Biegekanten. Da reicht
gelegentlich schon das Gewicht der vollgesogenen Laschen, um sie vom Hauptteil
zu trennen. Bisher habe ich kein Mittel gefunden, um das zu verhindern.
Die Teile müsen dann später wieder angeleimt werden.
Die
aufklappbaren Deckel der früheren Kästen sind nur oder auch
zusätzlich mit U-förmigen Stahlklammern an den Unterteilen
befestigt. Man sieht sie erst nachdem die Kaschierung entfernt ist.
Bei den kleinen Kästen stecken sie in den Holzleisten, die das
Kartonunterteil umranden und lassen sich recht einfach mit einem Schraubenzieher
herausheben. Bei den großen Kästen, die im Unterteil keine
Holzeinlagen haben, sind die Klammern innen auf der Kaschierung umgebogen
(siehe Bild 1.3). Man sollte diese Klammern im noch trockenem Zustand
des Kartons bereits aufbiegen! Wenn der Deckel nicht zusätzlich
geleimt ist (i. d, R. ist er das aber!), kann man ihn dann auch schon
vorsichtig durch Unterschieben eines Messers o. ä. lösen.
Die Holzleisten in den kleinen Kästen bzw. in den Einsätzen
der großen sind untereinander nicht verbunden sondern nur an
den Papprändern angeklebt, bei frühen Kästen mit den
gleichen Klammern, wie sie auch für die Deckel verwendet wurden
angeklammert (3..5 bei kleinen Kästen auf jeder Seite). |

Bild 1.3 |
Schritt
2: Trockenpressen
Würde
man die nassen Pappen an der Luft trocknen, würden sie sich verziehen,
da sie an den Rändern wesentlich schneller trocknen als in der
Mitte.
Deshalb müssen die Pappteile trockengepresst werden. Als Trocknungsmedium
verwende ich dazu Zeitungspapier, als Presse für kleinere Pappen
eine Spindeldruckpresse, für grössere Pappen werden Pappen
und Zeitungspapier einfach zwischen ausreichend großen Möbelspanplatten
gelegt und beschwert, was natürlich auch für kleinere Teile
geht. Für eine Platte von ca. 40 cm x 60 cm reichen ca. 20 kg
Gewicht als Beschwerung vollkommen aus. Man kann natürlich mehrere
Platten mit Trocknungschichten übereinander legen.
Um die Pappe so zu trocknen, ist Geduld angesagt! Unter etwa 30 h
und 5 bis 8 Papierwechsel ist keine Pappe wirklich trocken zu bekommen!
Für die dicken, etwa 3 mm starken Pappen der großen Kasten
muss man mit 3 bis 4 Tagen rechnen.
Jeweils 4 bis 8 Zeitungspapierlagen werden dabei unter und über
die zu trocknenden Pappen gelegt. Das Zeitungspapier wirft während
der mittleren Trocknungsgänge schnell kleine Wellen. Bei weichen
Pappen drücken sich diese schnell in die Pappe ein und sind dann
kaum wieder wegzubekommen. Man sollte dann das Papier in kürzeren
Abständen wechseln. Wegen dieser Wellen ist es auch nicht angebracht,
das wieder getrocknete Papier nochmals zu verwenden. |

Bild 2.1 |
Den ersten Papierwechsel
kann man bereits nach 30 min. vornehmen, dann werden die Wechselintervalle
immer länger.

Bild 2.2 |
Man
darf die Trocknung erst beenden, wenn sich das Material wirklich trocken
anfühlt. Noch nicht ganz trockene Pappen wölben sich innerhalb
weniger Minuten bis Stunden. Man kann dann versuchen, durch weiteres
Pressen, möglichst mit leicht feuchtem Papier, die Teile wieder
glatt zubekommen. Da es sich hier um einen kritischen Prozessschritt
handelt, sollte die Devise sein, lieber etwas zu lange als zu kurz
zu trocknen
Die Holzleisten bedürfen keiner Sonderbehandlung und werden an
der Luft getrocknet. |

Bild 2.3 |
Schritt
3: Pappteile ergänzen
Gerade an Deckeln
fehlen oft Teile der Laschen ganz oder vollständig oder sind abgerissen.
Solange größere Laschenteile noch fest mit dem eigentlichen Kartonkörper
verbunden sind, erhalte ich sie und 'flansche' neuen Karton an. Bedingung:
der vorhandene Karton muss die gleiche Stärke haben. Im Laufe der Jahre
wurden bei Märklin-Kartons so viele unterschiedliche Kartonarten verwendet,
dass ein gerade vorhandenes Stück nicht unbedingt so dick ist, wie
das gerade benötigte.
Als Kleber verwende ich für diese Kartonarbeiten Holzkaltleim auf Latexbasis
(Weißleim). Das ist unter 'Restaurierungsgesichtspunkten' sicher nicht
die günstigste Lösung, von der Handhabung her aber ziemlich ideal.
Zuerst wird das vorhandene Material mit dem Cutter-Messer gerade abgeschnitten,
bei größeren Teilen wie Deckelrändern natürlich auch
rechtwinklig (Bild 3.1, rechtes Teil).

Bild 3.1
|
Die Ersatzstücke werden etwas größer geschnitten als
nötig und dann stumpf angeleimt. Unter die Klebestelle wird dabei
ein größeres Stück Zeitungspapier gelegt. Wenn, wie
bei dem in den Bildern gezeigten Kartondeckel, die Kartonoberfläche
im Innern nach der Kaschierung sichtbar bleibt, muss dieses Zeitungspapier
natürlich außen untergelegt werden. Bei fast allen Märklin-Kartons
kann man das auch von innen machen. Das hat den Vorteil, dass man
dabei auch gleich einen Papierstreifen auf die künftige Biegekante
des (Deckel-) Randes mit aufkleben kann. Dazu wird genauso verfahren,
wie oben schon beschrieben.
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Bild 3.2 |
Nach
dem Trocknen der Klebestellen wird das überstehende Zeitungspapier
vorsichtig ringsherum abgerissen. Dieses Verfahren ergibt sanfte Übergänge,
so dass sich später keine Papierkanten durch die Kaschierung
hindurchdrücken. Noch überstehende Kanten der neuen Kartonteile
werden mit dem Cutter-Messer bündig zum vorhandenem Material
geschnitten (vgl. Bild 3.1 und 3.3).
Bei innen sichtbarem Karton wird nach dem 'Anflanschen' und Bündigschneiden
des neuen Randstücks von außen ein ca. 1,5 cm breiter eingeleimter
Papierstreifen aufgelegt, angepresst und der Rand dann sofort umgebogen.
Die Teile werden fixiert bis der Kleber getrocknet ist. Der Kleber
ist beim Biegen in die Fuge der Biegekante gepresst worden. Deshalb
kann man den aufgeklebten Papierstreifen, der auch öfters wellig
wird, nach dem Trocknen getrost mit Sandpapier wieder abschleifen
(Reste im Bild 3.2 ganz rechts an der Kante).
|

Bild 3.3 |
Nun sind auch Pappausstanzungen der Deckelkrallen (siehe Schritt 1) wieder
einzukleben.
Schritt
4: Innenkaschierung anbringen und ausbessern
Bei Kartondeckel
und Einbauten kann nun die Innenkaschierung wieder aufgeklebt werden. Für
die äußeren Märklin-Kartons geht es mit Schritt
6 weiter.
Für alle Kaschierungsarbeiten verwende ich Tapetenleim, der etwas dicker
als bei wirklichen Tapezierarbeiten angerührt wird. Wegen der hohen
Saugfähigkeit der Pappe muss sowohl das Kaschierpapier als auch die
Pappe eingeleimt werden. Längere Einweichzeiten sind nicht erforderlich,
da das Kaschierpapier doch recht dünn ist.

Bild 4.1
| Zunächst
wird das originale Kaschierpapier an ausgerissenen Stellen gerade
geschnitten, wenn zu befürchten ist, dass die Ausrisse im Ergebnis
eher sichtbar sind als eine gerade Kante. An den dann nicht bedeckten
Stellen des Kartons werden entsprechende Stücke untergeklebt,
deren Ränder gerissen werden sollten, damit sie sich weniger
durchdrücken. Danach wird die zugeschnittene Kaschierung übergeklebt
(Bilder 4.1. und 4.2).
|

Bild 4.2 |
Wenn das Originalmaterial
nicht mehr verwendbar ist, ist logischerweise ein entsprechendes Ersatzstück
zuzuschneiden und aufzukleben. In beiden Fällen sind nach dem Trocknen
noch überstehende Teile wie im Bild 4.2 abzuschneiden. Wenn frisch
kaschierte Pappen kurz vor dem Trocknen immer noch stärker gewölbt
sind, sollte man sie wiederum zwischen Zeitungspapier pressen.
Nach dem Trocknen von Pappen mit roter Kaschierung kann man nun noch eventuell
vorhandene abgeriebene und stumpfe Stellen der Kaschierung ausbessern. Für
Farbfehlstellen verwende ich eine Farbe, die ich aus Papierresten selbst
herstelle (siehe Schritt Z1). Nach verschiedenen Versuchen
hat sich dabei die einfachste Methode als die beste herausgestellt: Die
Farbe mit einem kleinen Pinsel auf die Fehlstelle aufbringen und nach einigen
Sekunden mit saugfähigem Papier wieder abwischen. Das gibt keine Ränder
oder dunklere Stellen ringsherum - allerdings bleibt die Fehlstelle doch
heller als das Original. Man kann das Ergebnis noch etwas verbessern, wenn
man das Papier VOR dem Aufkleben an den Fehlstellen zusätzlich von
hinten einfärbt.
An manchen Stellen - an solchen, die nachgefärbt wurden natürlich
besonders - ist das Papier nicht mehr glänzend. Solche Stellen kann
man mit Kerzen-Stearin auf einem Läppchen einreiben. Mit weichem Papier
oder Stoff wird dann nachpoliert, womit man das Papier (in Grenzen) wieder
zum Glänzen bringen kann.
Schritt
5: Kartons und Einsätze klammern
Nun können
die Kartons, Deckel oder Einsätze wieder zu dreidimensionalen Gebilden
zusammengefügt werden. Dazu sind zunächst die Löcher für
die Klammern in den Randstreifen mit einer Schusterahle o. ä. nach-
bzw. neu einzustechen.

Bild 5.1 |
Ob
man die Originalklammern oder 'neuzeitliches' Material verwendet,
muss jeder für sich entscheiden. Allerdings sollte man wissen,
dass der Original-Märklin-Klammerdraht, zumal wenn verrostet,
sehr spröde ist und folglich durch das erforderliche Auf- und
Zubiegen viele Klammern brechen werden. Ich verwende deshalb i. d.
R. bei Märklin-Kästen neue Klammern wie sie in Heftgeräten
('Klammeraffen') verwendet werden ( Größe 24/6). Sie werden
wie im Bild 5.1 gezeigt 'im Block' mit einer Flachzange vorgebogen.
Beim Einbau lässt sich das Material leicht den Lochungen gemäß
nachbiegen.
Bei Kartons wie den Kleinteileschachteln, bei denen die Klammern auf
der Kaschierung angebracht werden, sollte man Original-Klammern verwenden.
|

Bild 5.2 |
Bild 5.2 zeigt
einen fertig geklammerten Deckel. Bei diesen Klappdeckeln wird der frei
stehende Deckelrand durch eine zusätzliche Klammer 'stabilisiert' (re.
u. im Bild zu sehen).
Schritt
6: Märklin-Außenkartons aufbauen

Bild 6.1 |
Die
äußeren Kartons mit Holzeinsatz und die oberen Einsätze
der größeren Kästen mit schwarzer Außenkaschierung
werden ohne vorherige Innenkaschierung (Schritt 4)
weiterbearbeitet, d. h. geklammert (Schritt 5). Die Außenkartons
ab Nr. 3 kann man vor dem Klammern kaschieren oder aber auch sinngemäß
wie jetzt beschrieben verfahren.
Als nächstes werden die Holzleisten wieder eingeleimt bzw. geklammert
- oder auch beides. Vorher sollte man diese Leisten mit Sandpapier
glätten, insbesondere die 'ausgefransten' Enden. Die Leisten
werden punktuell eingeleimt und - bündig mit den Kartonoberkanten
- fixiert, indem von außen Leisten gegengepresst werden (Bild
6.1). Die Leisten sind meist nicht so breit wie die Kartonlaschen
- deshalb nicht auf den Boden aufsetzen - die Kartonkanten stehen
sonst über! Öfters sind Leisten verbogen, da minderwertiges
Holz mit Ästen verarbeitet wurde. Solche Leisten sollte man tunlichst
gegen gerade, neu oder aus anderen Kästen gewonnen, austauschen. |
Bei
den frühen Kästen sind die Holzleisten nur mit 3 bis 5 Stahlklammern
je Seite geklammert. Man kann natürlich auch diesen Zustand wiederherstellen.
Die Stahlklammern werden dazu wieder korrekt nachgebogen und ggf.
- z. B. mit einer rotierenden Stahlbürste - vom Rost befreit.
Die Klammern werden nicht eingeschlagen sondern eingedrückt.
Am einfachsten geht das im Schraubstock. Die Klammer wird dazu in
die alten Schlitze des Kartons eingesteckt, der Karton mit Leiste
'kopfüber' zwischen die Schraubstockbacken gelegt und dann vorsichtig
eingedrückt (Ergebnis im Bild 6.2).
|

Bild 6.2 |
Schritt
7: 'Kroko'- und Innenkaschierung aufbringen
...bzw. umgekehrt. Denn bei den Außenkästen, die nur aus dicker
Pappe bestehen, wird zuerst die Innenkaschierung aufgebracht, dann die schwarze
'Kroko'-Kaschierung darübergeklebt (vgl. Bild 10.3).
Ich zeige hier beispielhaft das Vorgehen bei den kleinen Kästen bzw.
den Einsätzen für die großen.
Dazu werden nun die 'Einbauten' eingesetzt und im Karton gekennzeichnet,
wo Kaschierung aufgeklebt werden muss (Bild 7.1). Für den üblichen
Fall, dass das vorhandene Papier nicht mehr geeignet ist, vom Außenboden
in einem Zug bis in den Innenboden geklebt zu werden, wird folgendermaßen
vorgegangen:

Bild 7.1

Bild 7.3 |
- Einkleben der Innenkaschierung an den Holzleisten bis auf die
Bodenpappe wie im Bild 7.2, Bildmitte (allerdings an der richtigen
Stelle, also rechts und links von der im Foto beklebten Stelle)
- Aufkleben der Kaschierung der Oberkanten
- Aufkleben der Kaschierung der unteren Kanten (Bild 7.3). Wenn
es sicht nicht um Märklin-Einsätze handelt, bei denen
auf den Boden noch eine Papierlage aufgeklebt wird, muss die Kante
auf dem Boden geradegeschnitten werden.
- Aufkleben der geradegeschnittenen Kaschierungsstreifen auf die
äußeren Ränder (Bild 7.3, unten). Dabei kann man je nach Geschmack
von Ecke zu Ecke kleben oder auch an- und aufsetzen.
- Einkleben der notwendigen Bodenkaschierung (Bild 7.4). Man sollte
hier nicht zu sparsam sein und die angezeichneten Bereiche um
mindestens 5 mm überlappen.
|

Bild 7.2

Bild 7.4 |
(Hinweis: Die
obere Holzleiste im Bild 7.4, entsprechend die untere im Bild 7.2, ist nicht
kaschiert, da dort in einem späteren Schritt das 'Papierscharnier'
mit dem Deckel aufgeklebt wird)
Bei Papp-Außenkartons
(ab Nr. 3) Ist die rote Innenkaschierung original in einem Stück über
Boden und Ränder geklebt (vgl. Bild 1.2). Da man sich eine solche 'Verschwendung'
in aller Regel nicht leisten kann (und nicht sollte) wird sinngemäß
wie oben beschrieben verfahren. Zuerst werden also die zurechtgeschnittenen
Innenränder aufgeklebt (ein Stück auch den Boden überlappend),
dann die Bodenteile, zum Schluß die Schwarze Außenkaschierung,
die an den oberen Rändern umgeschlagen und ein Stück auf die rote
Kaschierung aufgeklebt wird.
Schritt 8: Einsetzen von Metallkrallen

Bild 8.1

Bild 8.2 |
Die in den Kästen mit Klappdeckel
bis etwa 1926 verwendeten Blechkrallen zum Festklemmen des Anleitungsbuchs
im Deckel sind nun wieder einzusetzen. Wichtig ist, dass das vor dem
Aufkleben der Scwarzen Außenkaschierung erfolgt! Beim Einkleben
der Innenkaschierung sollte man vorher schon darauf geachtet haben,
dass die 'Kaschierungslochung' nicht direkt auf die 'Papplochung'
zu liegen kommt. Die Löcher in der Kaschierung müssen kleinflächig
entweder mit der 'Originalausstanzung' oder geeigneten Resten ausgefüllt
und überklebt werden.
Die Krallen sind ggf. zu entrosten - gut geeignet rotierende Drahtbürsten,
und die umgebogenen Ecken der Lochdurchzüge sind - am besten
mit einer Rundzange - wieder aufzurichten. Die Spitzen nicht genau
rechtwinklig sondern so aufrichten, dass sie sich beim Eintreiben
in die richtige Richtung - nämlich vom Loch weg - umbiegen! Wenn
das Blech durch das Entrosten zu metallisch glänzt, kann man
es im Küchenherd bei 200 - 250 Grad erhitzen, was eine entsprechende
Anlassfarbe - etwa 'Gelbton' bis zu blau - ergibt.
Auf die gleiche Art und Weise werden auch Stifte für die Räderstreifen
wieder hergerichtet (Bilder 8.2. und 8.4).
Dann wird die Pappe auf eine Stahlplatte (Richtplatte oder Amboss)
aufgelegt, die Teile mit den Spitzen aufgedrückt und dann mit
einigen Hammerschlägen eingetrieben. Die Spitzen biegen sich
dabei wieder um und fixieren die Krallen. Erst jetzt werden die Krallen
wieder U-förmig umgebogen, wobei man sie an der Heftstelle gut
festhält.
Die Räderstifte werden auf fertig kaschierte Pappstreifen aufgeheftet.
Die Spitzen der Durchzüge sind dann - wie auch auf den Originalstreifen
- AUF der Kaschierung sichtbar. |

Bild 8.3

Bild 8.4
|
Schritt
9: Deckel fertigstellen und befestigen
Bei den alten
Kartons mit Holzleisten im Kartonunterteil sind die Deckel mit einem Papierscharnier
am Unterteil befestigt. Es besteht aus einem inneren und einem äußerem
schwarzen Papierstreifen, wobei der äußere mit 'Kroko'-Kaschierung
überklebt ist.
Meist
sind solche Deckel abgerissen, was bedeutet, dass man geeignetes Papier
finden muss, um die längs durchtrennten Streifen zu ersetzen
- entweder mit recyceltem oder Fremdmaterial. Vor der schwarzen Außenkaschierung
muss also an der Scharnierkante des Deckels der Scharnierstreifen
aufgeklebt werden (Bild 9.1, oben, 'Flatterkante'). Dann werden Kanten
und Ränder wie unter Schritt 7 beschrieben beklebt. Im Anschluß
daran erfolgt sofort das Bekleben der Deckelfläche. Würde
man die Ränder erst wieder trocknen lassen, könnte sich
der 'Deckelboden' beim Bekleben zu sehr verwölben, und angeklebte
Laschen würden womöglich wieder abreißen. Ein Wölben
des gesamten Deckels läßt sich vor allem bei den sehr alten
Kästen meist nicht vermeiden (Bild 9.1). Deshalb sollte man in
wenn erst noch nicht ganz trocken ist mit geeigneten Gegenständen
beschweren. Dabei immer Papier zwischenlegen - zum einen, damit die
Feuchtigkeit weiter entzogen wird - zum anderen, damit ein evtl. doch
noch auftretendes Festkleben durch Anfeuchten wieder gelöst werden
kann.
|

Bild 9.1 |

Bild 9.2 |
Die größeren alten Kästen
haben ein 'Pappscharnier', das durch zwei Sicken in der Pappe erzeugt
wird (siehe Bild 9.2, unterer Rand). Damit sich die Kaschierung beim
Trocknen nicht wieder aus den Sicken herauszieht, sollte man sie mit
einem separaten schmalen Streifen bekleben und außerdem sehr
zügig arbeiten, damit das Papier nicht zu sehr quillt. Nach dem
Auflegen wird es einfach durch Darüberfahren mit dem Fingernagel
in die Sicken gedrückt. Die Außenkaschierung wird ebenfalls
mit einem Extrastreifen aufgebracht, wobei das Scharnier geknickt
wird, wie im Bild 9.3 am fertig montierten Deckel zu sehen ist. Beim
Montieren des Deckels sollte man tunlichst die alten Schlitze der
Metallkrallen wieder benutzen.
|

Bild 9.3 |
Prinzipiell würde es auch genügen, den Deckel
nur anzukleben. Wer es 'authentisch' machen will, wird die Krallen aber
wieder einsetzen. Die Deckellasche, mit dem der Deckel am Grundkasten befestigt
wird, wird außen erst dann kaschiert, wenn der Deckel befestigt wurde
(innen bleibt sie unkaschiert, Bild 9.2).
Schritt 10: Einbauten fertigstellen und einbauen
Wenn Lücken bleiben, muss ggf. noch etwas Kaschierung auf dem Boden
und an den Außenseiten der Einbauten nachgeklebt werden.Zum Einkleben
sägt man sich einige Holzklötzchen zurecht, die möglichst
genau in die Einsätze passen und etwas höher als diese sind. Dann
werden die Einbauten auf dem Boden punktuell eingeleimt eingepasst, die
Klötzchen eingelegt und
alles beschwert oder, wie im Bild 10.4 gezeigt, mit Schraubzwingen fixiert.
Damit sind die wesentlichen Arbeiten zur Wiederherstellung des Märklin-Kartons
abgeschlossen. Noch nichts gesagt wurde zu den Papp-Wellenhaltern der Märklin-Kästen.
Als einzige Besonderheit ist hier zu erwähnen, dass sie unmittelbar
nach dem Aufkleben der Kaschierung, die in der Länge etwas überstehen
sollte, in ihre Endform zu falten sind.
Das Ergebnis der tagelangen Bemühungen stellt sich dann etwa so dar,
wie im Bild 10.6 gezeigt. Das Bild daneben zeigt den gleichen Kasten vor
der Wiederherstellung.

Bild 10.5 |

Bild 10.6 |
Schritt
Z1: Rote Farbe herstellen
Der
rote Farbton der Märklin-Innenkaschierung (richtiger wäre
'die roten Farbtöne', denn es gab deren mindestens drei) und
die notwendige Konsistenz für Ausbesserungen ist mit handelsüblichen
Farben kaum zu erreichen. Ich stelle mir die Farbe deshalb selbst
her.
Erster Grundsatz: Alle Reste vom roten Papier werden aufgehoben. Auf
die unterschiedlichen Farbtöne habe ich dabei nicht geachtet
- ich glaube auch nicht, dass es das Ergebnis wesentlich beinflusst.
Wenn man einiges zusammen hat, gibt man es einfach in einen Topf und
kocht es etwa 10 min. Dann wird das Farbwasser als erstes Ergebnis
abgegossen, die Papiermasse ausgedrückt und die Prozedur nach
Zugabe von Wasser wiederholt. Anschließend wird die Farbbrühe
eingekocht. Damit nicht zuviel Farbe im Topf haften bleibt, sollte
man die Brühe nicht zu sehr eindicken. Vielmehr füllt man
sie in ein kleines Schraubglas, das man noch einige Tage offen stehen
lässt, bis weiteres Wasser verdunstet ist.
Da an den Papierresten immer noch kleine Mengen Kleber haften, benötigt
man kein Bindemittel. Das ist allerdings für das Verfahren, wie
ich die Farbe verwende, auch nicht wesentlich. |

Bild Z1.1 |
(wird fortgesetzt)
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© Joachim Kleindienst
Chemnitz, März-April 2003
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